Herbst 2022

Berg-Flockenblume im Garten blühend am 23. November (c) Astrid Zemp

Ein Herbst im warmen Trend

Da ich nun am Schreiben bin (10./11. Dezember), schaue ich in eine winterliche Landschaft. Und glaube kaum, dass vor drei Monaten noch fast voller Sommer war…

September

Der September war in der Temperatur buchstäblich zweigeteilt: Die erste Hälfte sommerlich warm und sonnig, die zweite spätherbstlich kühl und überwiegend trüb, was im Temperatur-Mittel zum fast normalen Monat führte (15.3 gegenüber 15.5°). Logisch, dass die (wie normal) 7 Sommertage mit Maxima über 25° (Spitzenwert 29.1° am 5. September) alle vor der Monatsmitte auftraten, und die tiefste Morgentemperatur (4.2° am 21.) danach. Bodenfrost wurde auf der freien Messwiese knapp verpasst; er blieb dann jedoch bis im November völlig aus.

Mit 147 gegenüber 72 mm fiel der September-Niederschlag stark überdurchschnittlich aus. Im Wesentlichen fiel er in zwei Blöcken: bis zum 10. September war mit 4 Gewittern (nochmals Hagel am 2.) die Monatsnorm schon überschritten; das Gewitter vom 14. zum markanten Sommerende war an der Station weniger ergiebig, umso mehr in der nächsten Umgebung! Nass wurde es noch einmal vom 23. bis zum 29., diesmal in Meeresluft überwiegend polaren Ursprungs. Der Sonnenschein blieb mit 159 zwölf Stunden unter der Norm.

Wiesennebel, Basel Jakobsberg, 24. September 2022

Oktober

Just Anfang Oktober, genauer am 2., folgte der totale Wechsel. Das Gepräge blieb bis über die Mo-natsmitte ruhig ‚mittelherbstlich’ mit allem, was man sich darunter vorstellt: Morgendlicher Nebel, gemilderter Sonnenschein, zwischendurch bei stärker südwärts ausgreifenden Fronten etwas Regen – alles freilich bei markant hohen Temperaturen. Sowohl die Spitzenwerte der Nachmittage als auch die Minima der Morgenfrühen (Tiefstwert am 1. mit 7.1°; nach dem 10. wurden im Oktober 10° nie mehr unterschritten) lagen weit über dem Durchschnitt. 9 Tage (bis Monatsende 16!) erreichten Maxima über 20 Grad; mit 25.1° wurde am 16. Oktober ein ausserordentlich später Sommertag registriert. Zu Frost, auch Bodenfrost (Raureif) kam es nie.

‚Geschuldet‘ ist dies der stabilen Grosswetterlage: Überwiegend hoher Druck im Süden, Tiefdruckak-tivität über dem nördlichen Europa, die Strömung deshalb meist westlich bis südwestlich; der Warm-luftvorstoss zur Monatsmitte mit dem Sommertag am 16. glich stark denjenigen des Hochsommers (welche im Juli und August Temperaturen über 35° ergaben). Dann kam die Sache in Bewegung: Am 23. Oktober das Starkwindband, der Südweststurm mit Böenspitzen um 100 km/h. Das Tempera-turmaximum von 24.3° trat nicht bei nachmittäglichem Sonnenschein ein, sondern mitten in der Nacht! Das gibt es im Sommer nie. Als Phänomen ist das, was paradox erscheinen mag, winterlich!

Am Morgen des 24. dann das von der Blitzfrequenz her ausgewachsene Sommergewitter und am späten Abend – sehr überraschend – gleich das nächste. Danach war’s wieder ruhig herbstlich. Die Temperaturen allerdings blieben oben, höher und höher über den langjährigen Tagesmittelwerten, die von Anfang bis Ende Oktober von 13.0° auf 7.5° absinken; die höchsten Überschüsse gegenüber der Tagesnorm wurden am 28. und 29. Oktober mit jeweils 8.8° erreicht. So resultierte denn mit 15.4° ein Monatsmittel, das um satte 4.0° über der Norm lag und das des Septembers knapp übertraf.

November

Der November schaffte keine 20° mehr, erreichte am 1. mit 18.0° seine höchste Temperatur, blieb jedoch insgesamt mit 8.4° im Schnitt 2.4° zu warm. Sehr viel Spektakuläres bot er nicht; das abndliche Gewitter vom 22. war nun «Typ Wintergewitter», ein paar wenige Donnerschläge in einer sonst wenig markanten Kaltfront. Fast normal nass kam er heraus: 69 zu 71 Millimeter, die Sonnenstunden blieben unter dem Durchschnitt: 60 statt 71.

Der meteorologische Herbst insgesamt: 2.1° zu warm, mit 277 gegenüber 219 mm Niederschlag we-sentlich zu nass (was für die Pflanzenwelt nur gut ist), kein Schnee. Der Sonnenschein dagegen bot fast eine Punktlandung: 365 Stunden gegenüber 361. Der sonnige Oktober hatte die etwas zu trüben September und November ‚herausgehauen‘.

Meteorologischer Verein der Region Basel,
Dr. Michael Zemp