Winter 2019/2020

Frostgraupel in Basel, 28.01.2020, (c) Michael Zemp

Fand der Winter 2019/20 überhaupt statt?

Mitte März: Die Schneeglöckchen sind längst verblüht, die Haseln verstäubt, und überall blühen die Osterglocken. Drei Wochen zu früh, aber nach diesem Winter soll das nicht erstaunen. Er war der wärmste seit Messbeginn, mit 5.5° (gemittelte 24-Stundenwerte) respektable 4.2° wärmer als die Referenznorm der Jahre 1961-1990!

Wie kam das zustande?

Zum einen, keine Geiss schleckt das mehr weg, es ist heutzutage im Schnitt einfach wärmer als vor fünf Jahrzehnten. Identische Wetterlagen bringen generell höhere Temperaturen als in der Vergangenheit. Ausreisser mit Minimaltemperaturen unter -15° wird es in Zukunft gewiss noch geben, aber sie sie werden selten sein und damit wirkliche Ausreisser. Zum anderen: Die drei Monate des meteorologischen Winters 2019/2020 brachten uns mit grosser Konstanz Wetterlagen, die – hoher Druck im Süden und Südwesten, tiefer im Nordwesten und Norden, dazwischen die lebhafte Westdrift – Mitteleuropa milde Luft zuführten, einmal mehr aus südlicheren, einmal mehr aus nördlicheren Breiten, nicht aber aus der Polarregion.

Nie konnte sich das russische Festlandhoch aufbauen, das sich in manchen Wintern über Wochen hält, und an dessen Südflanke eisig-trockene Luft aus Sibirien weit nach Westen vorstösst. Der Wetterverlauf zeichnete sich durch häufige Wechsel aus; im Dezember und Januar überwog hoher Druck aus Südwesten mit viel Sonnenschein und – ausser zum Jahresende – wenig Nebel, nur kurz unterbrochen von einigen raschen Störungsdurchgängen, während ab den letzten Januartagen und im Februar die atlantischen Frontsysteme häufiger bis zu uns ausgriffen, oft mit Sekudärtiefs, die direkt über Mitteleuropa hinweg ostwärts zogen. Dabei traten auch die höchsten Windspitzen auf: 103 km/h am 4., 96 km/h am 10. sowie 108 km/h am 27. Februar. Verglichen mit anderen Landesgegenden und dem norddeutschen Flachland kam unsere Region glimpflich davon. Nicht zufällig fielen auch die 4 (Fern-)gewitter (Entladungen in mehr als drei Kilometer Distanz zur Station) in die stürmisch abwechslungsreiche Zeit des Februars, an Kaltfronten und dahinter in labil geschichteter maritimer Luft.

Narcissus pseudonarcissus in Basel, 08.03.2020, (c) Michel Zemp

Keine Eistage

Die tiefsten Temperaturen am Ende klarer windschwacher Strahlungsnächte waren effektiv ‚hausgemacht‘: -4.0° am 3. Dezember, -4.1° am 22. Januar, -3.9° am 7. Februar; zu gleicher Zeit blieb die Temperatur in der Höhe, etwa auf dem Chasseral, deutlich über dem Gefrierpunkt. Eistage, Tage mit Maximum unter dem Gefrierpunkt gab es in den ganzen drei Monaten nie, normal wären es deren 13. Auch Frosttage mit Minimum unter 0° (Maximum jedoch darüber) blieben weit unter dem massgebenden Durchschnitt (1961-1990): 26 gegenüber 51; 14 davon steuerte alleine der Dezember mit häufigen heiteren Nächten bei.

Kein Schnee

Normal wären 24 Tage mit Schneedecke. Der vergangene Winter schaffte keinen einzigen! Messbarer Schneefall (wobei auch Graupel als Schnee zählt) wurde gerade an 2 Tagen Ende Februar vermerkt, 19 wären es im Mittel der Referenzjahre.

Fazit

Um 4.2° zu warm, mit 310 Stunden Sonnenschein anderthalbmal sonniger als normal (206 Stunden) und mit 132.7 Millimeter (Liter auf den Quadratmeter) anstatt 160 mm zu trocken (der mässig nasse Februar vermochte das Defizit der Vormonate nicht mehr auszugleichen), das war zwischen Anfang Dezember und Ende Februar der meteorologische Winter 2019/2020. Wir rutsch

Meteorologischer Verein der Region Basel
Dr. Michael Zemp

Binningen: Acht Jucharten gegen WSW, 22.02.2020, (c) Michael Zemp